Aktfotos
Aktfotos sind fotografische Abbildungen des mehr oder weniger nackten menschlichen Körpers. Dieses einfache Setting hat Künstler und Rezipienten aller Epochen derart fasziniert, dass es eine unzweideutige Bezeichnung für diese Thematik gibt: "Akt". Die Grenzen - so inzwischen die gängige Meinung in der Kunstwelt - zwischen Aktfotografie und erotischer Fotografie aller Art verfließen allerdings zunehmend. Welche Grenzen? Was soll da verfließen? Sicher, dass Thomas Ruff pornographische Bilder aus dem Internet heruntergeladen hat und sie mit dem Bildbearbeitungsprogramm etwas unschärfer gemacht hat, sodann diese als Kunst verkauft hat, war ein Novum. Ein längst überfälliges Novum. Sind wir nun frei? Können wir machen was wir wollen? Klar. Aber es wird nicht immer verstanden. Einige Kulturen behandeln erotischere Kunst wie ein schlimmes Verbrechen. Erst jüngst in China war das ein Vorwand für strafrechtliche Verfolgung von ehemals regimekritischen Künstlern. Auch in den USA, so hört und liest man immer wieder, sorgt man mit einer geradezu neurotischen Emsigkeit für eine lückenlose Freiheit der öffentlichen Räume vor Bildern, die im entferntesten als freizügig interpretiert werden könnten. Zugleich konsumiert man das andere Ende des kunstlos Möglichen mit einer suchtartigen Exessivität im Verborgenen. Solange diese komplexhafte und mit freudschem Vokabular beschreibbare doppelte Kulturmoral herrscht, müssen Aktfotos sich zwangsweise eine Interpretation in diesem Rahmen gefallen lassen. Zugleich sind Akte oder auch erotische Fotografie ein öffentliches Gegenzeichen: eine Brücke über den Spalt zweier Wahrnehmungsräume. Der echte weibliche Akt von Tizian bis Picasso war immer eine konsequente Vermeidung der Stereotypen Madonna und Hure.
In meinen Aktfotos geht es mir immer um das Eine, um das, was ich auch in den Model-Bildern oder Portraits einkreise. Ich weiß noch nicht genau, was es ist, aber ich fühle es, wenn ich es sehe. Für manche Leute ist ein Aktfoto (leider) etwas Körperliches. Diese Haltung kann ich gar nicht mehr begreifen. Aktfotos sind Bilder. Bilder sind Visionen. Sie veranschaulichen etwas, bringen etwas zum Vorschein.
Das klassische Aktfoto verlasse ich in meinen Körper-Bildern, die Reproduzierbarkeit des Menschen und Industrialisierung des Geschmacks am Körper und am Aktbild darstellen. Die Körper-Bilder folgen dem gleichen Konzept, das ich in den Mandalas entwickelt habe. Ich zeige den technischen Präzisionismus der künstlichen Herstellung einer spirituell-erotischen Anschauung.
Literatur:
Braham, Phil: Naked Women. Der weibliche Akt in der Fotografie von 1850 bis heute.
Frankfurt, 2002.
Ebony, David et al: Curve. The Female Nude Now.New York 2003.
Karabelnick, Marianne (Hrsg.): Stripped Bare. Der entblößte Körper in der zeitgenössischen Kunst und Fotografie. Hantje Cantz. 2005.
Koetzle, Michael: 1000 Nudes. A history of Erotic Photography from 1839-1939. 2005.
Majonica, Rudolf: Aktfotografie. Ästhetik und Bildgestaltung. O.J.
Olley, Michelle: Blonde. Masterpices of erotic pothography. New York 2002.
Winzen, Matthias: Glaubwürdige Erfindung von Realität. Zu Thomas Ruffs präzisen Wiedergaben unserer Phantasien von Wirklichkeit. In: Thomas Ruff. Fotografien 1979-heute. Köln 2001.